
Krieg gegen die Ukraine ++ Merz sieht Russland am Zug ++
Nach Ansicht von Kanzler Merz hängt es am russischen Präsidenten Putin, einem Waffenstillstand zuzustimmen. Verteidigungsminister Pistorius mahnt eine Verschärfung der westlichen Sanktionen an.
Die wichtigsten Entwicklungen im Überblick:
- Ukraine fordert erneut Putins Teilnahme an Gesprächen
- Wadephul mahnt Russland, an Verhandlungen teilzunehmen
- Ukraine meldet weiter Angriffe an der Front
- Europäische Verteidigungsminister treffen sich Freitag in Rom
Bundeskanzler Friedrich Merz unterstützt den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei möglichen Verhandlungen mit Russland auch noch vor einer umfassenden Waffenruhe. Aber nun sei es am russischen Präsidenten Wladimir Putin, "dass er dieses Verhandlungsangebot seinerseits annimmt und einem Waffenstillstand zustimmt", sagte der CDU-Chef. Und: "Der Ball liegt ausschließlich in Russland."
Mit Blick auf die Russland angedrohten neuen Sanktionen sagte Merz, dass für den Fall, dass es in dieser Woche nicht zu einem wirklichen Fortschritt komme, "wir dann gemeinsam auch auf europäischer Ebene für eine deutliche Verschärfung der Sanktionen eintreten wollen". Putin hatte auf die Forderung nach einer 30-tägigen Waffenruhe mit einem Gegenangebot zu direkten Friedensgesprächen am Donnerstag in der Türkei reagiert.
"Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich bewundere den Mut von Wolodymyr Selenskyj, dies jetzt trotz dieser schwierigsten Umstände zu tun", sagte Merz. "Aber das zeigt auch, mit welcher Ernsthaftigkeit und gleichzeitig mit welcher Kompromissbereitschaft er bereit ist, alles zu tun, um jetzt eine Chance zu nutzen für einen Waffenstillstand und anschließende Friedensgespräche in der Ukraine." Mehr Kompromiss und mehr Entgegenkommen sei "jetzt nicht mehr zumutbar".
Die beiden Sonderbeauftragten der USA, Steve Witkoff und Keith Kellogg, sollen Insidern zufolge zu möglichen Gesprächen zwischen der Ukraine und Russland am Donnerstag in Istanbul reisen. Das erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters von drei mit dem Vorgang vertrauten Personen.
Kanzleramtschef Thorsten Frei hat dazu aufgerufen, Russlands Präsident Wladimir Putin entschlossen entgegenzutreten. Frei betonte im Sender Welt TV, "dass Wladimir Putin vor allen Dingen auch eine klare Ansage braucht und dass er die Entschlossenheit von Europäern und Amerikanern sehen muss". Dies werde auch für das Erreichen eines Waffenstillstands entscheidend sein.
Frei bezeichnete einen solchen Waffenstillstand als Voraussetzung für vernünftige Gespräche. Es sei schwer vorstellbar, wie man darüber sprechen solle, wie man aus dieser schwierigen Situation herausfinde, wenn gleichzeitig die Zivilbevölkerung bombardiert werde, argumentierte der CDU-Politiker.
"Am Wochenende haben wir eine ganz enge Abstimmung zwischen Europa und den USA gesehen", sagte Frei zu den gemeinsamen Sanktionsdrohungen von Großbritannien, Frankreich, Polen, den USA und Deutschland. Er sei überzeugt, dass es hier wieder eine Bewegung aufeinander zu gebe. Wichtig sei ein dauerhafter Frieden in der Ukraine "und zwar einer, der die Interessen der Ukraine auch in den Mittelpunkt stellt".
Russland ist nach Einschätzung der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas nicht ernsthaft interessiert an einem Frieden in der Ukraine. Russland spiele Spiele und versuche, Zeit zu kaufen, sagt Kallas in Kopenhagen.
Ein Fernbleiben des russischen Präsidenten Wladimir Putin bei den für Donnerstag geplanten Gesprächen in Istanbul wäre aus Sicht der Ukraine das "endgültige Zeichen" dafür, dass Moskau nicht die Absicht hat, den Krieg zu beenden. "Wenn sich Wladimir Putin weigert, in die Türkei zu reisen, wäre dies das endgültige Zeichen dafür, dass Russland diesen Krieg nicht beenden will, dass Russland zu keiner Art von Verhandlungen gewillt und bereit ist", erklärte der Stabschef des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Andrij Jermak.
Der Kreml lehnte es ab, sich zu dem Vorschlag des ukrainischen Präsidenten Selenksyj für ein direktes Treffen mit Putin in Istanbul zu äußern. "Die russische Seite bereitet sich weiter auf die für Donnerstag geplanten Gespräche vor. Das ist alles, was wir zu diesem Zeitpunkt sagen können. Wir haben derzeit nicht vor, dies weiter zu kommentieren", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag auf Nachfrage von Journalisten. Wen der Kreml zu den anvisierten Gesprächen schicke, werde bekanntgegeben, "wenn der Präsident dies für nötig hält", fügte Peskow hinzu.
Putin hatte am Wochenende als Reaktion auf einen europäischen Vorstoß zu einer 30-tägigen Feuerpause in der Ukraine direkte Verhandlungen mit der ukrainischen Seite in Istanbul vorgeschlagen, einem ab Montag geforderten Waffenstillstand aber bislang nicht zugestimmt. Der ukrainische Staatschef Selenskyj erklärte sich daraufhin bereit, nach Istanbul zu reisen und dort mit Putin zu verhandeln. Ob das Treffen zustande kommt und auf welcher Ebene, ist noch völlig offen.
Verteidigungsminister Boris Pistorius hat eine Verschärfung westlicher Sanktionen gegen Russland und mehr militärische Unterstützung für die Ukraine angemahnt. Russlands Präsident Wladimir Putin verhalte sich mit Blick auf die Diskussionen über eine Waffenruhe und Verhandlungen über eine Friedenslösung wie üblich, sagt Pistorius am Rande einer Konferenz in Berlin. Daher müssten jetzt die Konsequenzen gezogen werden.
Aus Sicht von Bundesaußenminister Johann Wadephul ist Donnerstag "ein wichtiges Datum" mit Blick auf ein mögliches Ende des Ukraine-Krieges. Dann sollen die Ukraine und Russland in Istanbul zu direkten Gesprächen zusammenkommen. Russlands Präsident Wladimir Putin hat seine Teilnahme aber noch nicht zugesagt.
Wadephul forderte Russland auf, "an den Verhandlungstisch zu kommen". "Russland darf keinen leeren Stuhl dort hinterlassen, sondern Russland muss erscheinen, wenn es ernsthaft an einem Frieden interessiert ist", sagte der Bundesaußenminister. Falls Russland auf das Gesprächsangebot des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nicht eingehen sollte, drohte Wadephul Moskau mit weiteren Schritten. Es werde in diesem Fall "auch Konsequenzen geben", sagte der CDU-Politiker und ergänzte: "Wir werden uns nicht ansehen, dass Russland diesen Krieg einfach fortführt."
Russland hat die Ukraine in der Nacht mit deutlich weniger Drohnen als gewöhnlich attackiert. Die russische Armee habe mit zehn Drohnen angegriffen, die alle von der Flugabwehr abgeschossen worden seien, teilt die ukrainische Luftwaffe mit. Dies ist nach Berechnungen der Nachrichtenagentur Reuters die niedrigste Anzahl von Drohnen seit mindestens mehreren Wochen, die Russland bei einem nächtlichen Angriff eingesetzt hat.
Am Montag hatten die europäischen Verbündeten der Ukraine Russland als Voraussetzung für mögliche Friedensgespräche am Donnerstag in der Türkei ein Ultimatum bis Mitternacht für eine 30-tägige Waffenruhe gesetzt und bei Nichtbeachtung mit neuen Sanktionen gedroht. Russland hatte das Ultimatum zurückgewiesen.

Karte der Ukraine und Russlands, hell schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
Nach Angaben seines Ministeriums hat US-Außenminister Marco Rubio mit seinen europäischen Amtskollegen über "den Weg zu einer Waffenruhe in der Ukraine" telefoniert. An dem Gespräch haben demnach der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha, die Außenminister von Deutschland, Polen, Großbritannien und Frankreich sowie die EU-Außenbeauftragte teilgenommen.
Die Forderungen an Russland nach einer Waffenruhe an den Fronten in der Ukraine sind offenkundig ungehört verhallt. Insgesamt habe es im Tagesverlauf am Montag 133 russische Angriffe an verschiedenen Abschnitten gegeben, teilte der Generalstab in Kiew mit.
Allein bei der Kleinstadt Pokrowsk im Gebiet Donezk seien 50 Attacken abgewehrt worden. Daneben seien von diversen Abschnitten 45 russische Luftangriffe sowie zahlreiche Attacken mit Drohnen gemeldet worden.
Der Luftfahrtrat der Vereinten Nationen (ICAO) hat entschieden, dass Russland für den Abschuss des malaysischen Passagierflugzeugs MH17 über der Ostukraine verantwortlich ist. Das Flugzeug der Malaysian Airlines war am 17. Juli 2014 über der von prorussischen Separatisten kontrollierten und umkämpften Ostukraine abgeschossen worden. Unter den 298 Toten waren überwiegend Niederländer und Australier.
Die Regierungen beider Länder teilten mit, der UN-Luftfahrtsrat werde in den kommenden Wochen prüfen, welche Form der Wiedergutmachung angemessen sei.
Der italienische Verteidigungsminister Guido Crosetto empfängt italienischen Angaben zufolge am Freitag seine Kollegen aus Deutschland, Frankreich, Polen und Großbritannien in Rom zu Gesprächen über die weitere Unterstützung der Ukraine. Neben der Ukraine soll es auch über Möglichkeiten zur Stärkung der europäischen Verteidigung gehen, wie das italienische Verteidigungsministerium am Montag mitteilte.
Im Anschluss an das Treffen wollen die fünf Minister am Nachmittag eine gemeinsame Pressekonferenz abhalten. Es handelt sich um das vierte Treffen dieser Art. Vorherige Treffen hatten in den vergangenen Monaten in Berlin, Warschau und Paris stattgefunden.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat am frühen Morgen mit seinem türkischen Amtskollegen Hakan Fidan über den Vorschlag von Russlands Präsidenten Wladimir Putin für Gespräche mit der Ukraine telefoniert. Dies teilte das russische Außenministerium mit. In der kurzen Erklärung wurde nicht mitgeteilt, ob Putin das Angebot Selenskyjs zu einem Treffen in Istanbul annehmen wird.
Der Liveblog vom Montag zum Nachlesen
Der ukrainische Präsident Selenskyj beklagt eine "seltsame Stille" aus Russland bezüglich eines direkten Treffens. Kremlsprecher Peskow hält die Androhung weiterer Sanktionen durch westliche Länder für "inakzeptabel".