Zwei glückiche Besitzer mit ihren Mopedautos.

Schleswig-Holstein Mopedautos: Leichtkraftfahrzeuge immer beliebter

Stand: 13.05.2025 08:13 Uhr

In Schleswig-Holstein sind Mopedautos beliebt - auch, weil sie keinen Pkw-Führerschein erfordern. Auf dem Land bieten die Leichtfahrzeuge Senioren und Jugendlichen eine echte Alternative zum ÖPNV.

Von Frank Goldenstein

Gerhard Tietz lächelt, als er in sein Mopedauto steigt. Mit seinen 82 Jahren ist er immer noch mobil und vor allem unabhängig. 20.000 Kilometer fährt er pro Jahr. Sein Fahrzeug ist aber kein gewöhnlicher Pkw, sondern eine für ihn ideale Alternative.

Mopedauto für Rentner gute Alternative zum ÖPNV

Der Rentner aus der Nähe von Gettorf (Kreis Rendsburg-Eckernförde) hat keinen Pkw-Führerschein und fährt ein Leichtkraftfahrzeug, umgangssprachlich als Mopedauto bekannt. Erkennbar an der "45" auf der Heckklappe, erreicht sein grauer Flitzer maximal 45 Kilometer pro Stunde. Für die Micro-Cars genügt ein Roller-Führerschein der Klasse AM. "Ich habe jetzt die Zeit und bin gern mit meinem Mopedauto unterwegs. Mal fahre ich nach Kiel, mal nach Eckernförde oder Schleswig", sagt Tietz stolz. Er besitzt inzwischen sein drittes Modell; zuvor fuhr er Motorroller und war Wind und Regen ausgesetzt.

Auch bei Jugendlichen unter 17 Jahren sind Mopedautos gefragt

Er liegt damit voll im Trend. Denn solche Leichtkraftfahrzeuge werden immer beliebter. Auch die 17-jährige Neele Schwark aus dem nahegelegenen Tüttendorf fährt so ein Fahrzeug. Vor drei Jahren hat sie ihren Rollerführerschein gemacht und durfte dann an ihrem 15. Geburtstag gleich allein mit ihrem Mopedauto los. Jeden Tag fährt sie damit zur Schule nach Kiel. "Das macht schon viel aus hier auf'm Land. Ich bin flexibel, nicht an Mama gebunden und kann losfahren, wann und wie ich möchte. Auf meinem Schulweg bin dadurch nicht an Bus und Bahn gebunden. Das macht es für mich deutlich einfacher", fasst Neele die Vorteile zusammen.

Mopedautos on Tour.

Maximal 45 km/h, aber vom Aussehen her ein Kleinwagen - Mopedautos dürfen bereits mit dem Rollerführerschein gefahren werden.

Führerschein für das Leichtfahrzeug? Rollerführerschein reicht

Neele Schwark ist nicht die erste in der Familie. Zuvor hat bereits ihre ältere Schwester Lena das Leichtkraftfahrzeug gefahren. Die Eltern haben es Ende 2020 für 15.000 Euro angeschafft. Lena durfte erst mit 16 Jahren ans Steuer. Dann kam 2021 eine Gesetzesänderung. Seitdem dürfen schon 15-Jährige den Führerschein AM, umgangssprachlich auch Rollerführerschein genannt, machen. Neele durfte deshalb schon ein Jahr früher ans Steuer.

Erste Fahrten der Tochter mit Mopedauto: Mutter war angespannt

Ihre Mutter gesteht, dass sie bei den ersten Fahrten ein bisschen angespannt war. Letztendlich habe sich die Anschaffung aber voll ausgezahlt. "Für uns ist das ja auch eine Erleichterung. Die Kinder können selbstständig zur Schule, zum Sport oder zu Freunden fahren. Und das fördert ja auch die Selbstständigkeit", sagt Tanja Schwark.

Etwas mehr Schäden als bei normalen Autos

In den 50er- und 60er-Jahren hatten Mopedautos in Deutschland bereits großen Erfolg. Beliebte Modelle waren damals der BMW Isetta oder der Messerschmidt Kabinenroller. Heute verkaufen sich laut ADAC insbesondere in Frankreich und Italien Microcars bei jungen Menschen gut. Vor allem rein elektrische Varianten würden immer häufiger nachgefragt.

Nachfrage nach Microcars steigt in Deutschland

In Deutschland steigt die Nachfrage nach solchen Modellen seit einigen Jahren ebenfalls wieder. Der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft, kurz GDV, erfasst seit 2023 Mopedautos in einer eigenen Statistik. Rund 23.000 solcher Fahrzeuge waren zu diesem Zeitpunkt Kfz-haftpflichtversichert. Im Jahr 2023 wurden dabei rund 1.500 Schäden gemeldet. Das entspricht einer Quote von 6,5 Prozent. Im Vergleich dazu liegt die Quote bei normalen Pkw bei 5 Prozent.

Mopedautos: Immer mehr Fahrzeuge werden verkauft

Auf Nachfrage von NDR Schleswig-Holstein antwortet der Hersteller Aixam, dass er 2020 bundesweit etwa 570 Fahrzeuge, im vergangenen Jahr aber schon 2.000 Neufahrzeuge verkauft hat. Beim zweiten Marktführer Ligier steigen die Verkaufszahlen laut eigenen Angaben in Deutschland jedes Jahr um rund 20 Prozent.

In Schleswig-Holstein verkaufen die wenigen Händler konstant Mopedautos. In Schenefeld (Kreis Steinburg) sind es 20 bis 30 pro Jahr, in Schülp waren es zuletzt 40 bis 50 pro Jahr.  Hans-Peter Paulsen war bis vergangenes Jahr selbst Händler für Mopedfahrzeuge. Obwohl er selbst keine Modelle mehr verkauft, betreut er seine Kunden für Inspektionen und Reparaturen. Und die sind, wie Gerhard Tietz und Familie Schwark bestätigen, selten nötig, abgesehen von regelmäßigen Inspektionen.

ADAC hat Sicherheitsbedenken

Der ADAC begrüßt, dass die Leichtfahrzeuge noch mehr Menschen insbesondere in ländlichen Regionen ermöglichen, mobil zu sein. Allerdings bemängelt der Automobilclub die Sicherheitsausstattungen und die Fahrstabilität der von ihnen getesteten Mopedauto-Modelle. In den meisten Modellen würden zum Beispiel ABS und Airbags fehlen. Manchmal seien sie nicht mal gegen Aufpreis zu erhalten. Durch die geringere Geschwindigkeit, aber dem ähnlichen Aussehen wie normale Kleinwagen, seien die Mopedautos zudem gerade auf Landstraßen auch eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer, so der Pressesprecher des ADAC Schleswig-Holstein, Rainer Pregla.

Führerschein bestanden: Familie Schwark trennt sich von Mopedauto

Familie Schwark wird sich in wenigen Wochen von ihrem Mopedauto trennen. Neele hat nämlich bereits ihren Autoführerschein geschafft und steigt Mitte Juni auf einen Kleinwagen um. Bei den Praxisstunden kamen ihr die bereits gemachten Erfahrungen mit dem Mopedauto zu Gute, sagt sie. Gerhard Tietz will noch so lange weiterfahren, wie er fit ist und seine Sehkraft so gut ist wie jetzt.

Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Schleswig-Holstein Magazin | 09.05.2025 | 19:30 Uhr