
Hamburg Vorwürfe gegen Volpi - Krise beim Hamburg Ballett weitet sich aus
Es gibt neue Vorwürfe gegen Demis Volpi, den Nachfolger von John Neumeier als Leiter des Hamburg Balletts. Diesmal kommen sie aus Düsseldorf - wo Volpi zuvor tätig war. Dem NDR liegt exklusiv ein Brief der dortigen Tänzerinnen und Tänzer vor. Auch dort soll ein Klima der Angst geherrscht haben.
Der Brief aus Düsseldorf ist eine Solidaritätsbekundung mit den Hamburger Tänzerinnen und Tänzern - aber nicht nur das. In dem Brief untermauern 17 derzeitige und ehemalige Tänzer aus Düsseldorf die Kritik am neuen Hamburger Ballettchef. Volpi, der vier Jahre lang in gleicher Funktion am Rhein tätig war, habe auch dort ein Arbeitsumfeld geschaffen, das von "inkonsequenter Kommunikation, mangelnder Transparenz und einer Atmosphäre der Angst und Unsicherheit geprägt war".
"Für viele wurde die Erfahrung nicht nur entmutigend, sondern auch traumatisch, was sich negativ auf ihr Selbstvertrauen, ihre Motivation und ihr allgemeines Wohlbefinden auswirkte", heißt es in dem Brief an Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD) weiter.
Vorzeitige Abgänge auch in Düsseldorf
Die Arbeitsatmosphäre sei so belastend gewesen, dass auch beim Ballett am Rhein langjährige Tänzerinnen und Tänzer vor Ablauf ihrer Verträge gekündigt hatten - dies sei ein in der Ballettszene äußerst ungewöhnlicher Vorgang. Eine Tänzerin aus Düsseldorf erzählte NDR 90,3, dass Volpi - im Gegensatz zu seinem Auftreten in der Öffentlichkeit - oft sehr laut und unangenehm werden könne.
Zwar sage er gerne, das seine Tür immer offen stehe, aber wenn man sich dann bei ihm mit Kritik gemeldet habe, dann sei man sehr schlecht behandelt und nicht mehr besetzt worden. Hinter verschlossenen Türen, unter vier Augen, sei er dann sehr abwertend mit Tänzerinnen und Tänzern umgegangen, so die Tänzerin aus Düsseldorf.
Vorwürfe decken sich mit der Kritik aus Hamburg
Auch in Hamburg hatten kürzlich fünf der elf Ersten Solisten gekündigt - und mehr als die Hälfte der Ballettcompagnie einen Brandbrief an Brosda, in dem sie von einem "toxischen Arbeitsklima" berichteten, unterzeichnet. Der Erste Solist Alexandr Trusch, einer der Stars, die jetzt gekündigt haben, sagte im NDR: "Wir brauchen Personen, die unfassbare Vorbilder sind und ohne diese Personen geht unser Beruf zugrunde. Den künstlerischen Mangel habe ich nach zehn Minuten im Studio mit Demis Volpi gemerkt."
Die Düsseldorfer Tänzerinnen und Tänzer wollen ihren Brief vor allem als Anstoß zu einer Debatte verstanden wissen: "Wir hoffen, dass unsere Stimmen zu einer breiteren Diskussion über die Verantwortung und Erwartungen an Personen in einflussreichen kulturellen Positionen beitragen können."
Kulturbehörde überrascht, aber um Aufklärung bemüht
Von den jetzt erhobenen Vorwürfen aus Düsseldorf zeigte sich die Hamburger Kulturbehörde überrascht: Weder die Findungskommission noch der Senator hätten davon Kenntnis gehabt, teilte ein Sprecher auf NDR Anfrage mit: "Demis Volpi wurde im Gegenteil von mehreren Seiten sehr empfohlen und seine erste Saison am Hamburg Ballett verlief sehr erfolgreich. Insofern überraschen die Vorwürfe, die wir sehr ernst nehmen. Selbstverständlich müssen wir aber versuchen, die Vorwürfe zunächst intern aufzuklären."
Auf den Brief aus Düsseldorf reagiert die Hamburger Kulturbehörde bisher mit einem Statement.
Wir führen derzeit sehr viele interne Gespräche, mit denen wir versuchen, dass alle Seiten aufeinander zugehen und wieder zu einem konstruktiven und vertrauensvollen Austausch kommen. Dabei ist es uns wichtig, dass alle Seiten gehört werden und Probleme offen und ehrlich angesprochen werden. Wir begrüßen auch sehr, dass das Ballett hierbei externe Unterstützung in Anspruch nimmt. Diesen Gesprächen können wir nicht vorgreifen.
Erster Solist Alexandr Trusch äußert sich zum Mediationsprozess
Doch dieser Weg dürfte nicht einfach werden. Mit einem Mediationsprozess seien die aktuellen Probleme nicht zu lösen, sagte der Erste Solist Alexandr Trusch dem NDR. "Wir hatten eine Session und diese Frau, die das gemacht hat, ist ganz nett. Aber es ging nicht um die Probleme, die wir haben. Wir haben kein Problem mit der Zusammenhalt der Truppe. Wir haben kein Problem miteinander. Wir haben ein Problem mit unserem Chef."
Volpi, der sich zu den neuen Vorwürfen vorerst nicht äußern will, hatte zum Beginn der laufenden Saison die Leitung des von John Neumeier zu Weltruhm gebrachten Hamburg Ballett übernommen - nach 51 Jahren. Bei seiner ersten Premiere in Hamburg "The Times Are Racing" hatte Volpi Stehende Ovationen vom Hamburger Publikum bekommen.
Dieses Thema im Programm:
NDR Kultur | Der Morgen | 13.05.2025 | 10:05 Uhr