Ein Mannheimer Polizist zeigt in einem Klassenraum der Tulla-Realschule in Mannheim eine Softairwaffe

Baden-Württemberg Polizei unterrichtet Schüler in Mannheim zu Waffen- und Messergewalt

Stand: 13.05.2025 17:34 Uhr

Im Rahmen eines Sicherheitstags der Polizei hat es in einer Mannheimer Schule Unterricht zum Thema Waffen- und Messergewalt gegeben. Präsentiert wurden Waffen aus echten Einsätzen.

Von Wolfgang Kessel

Unterricht von der Polizei statt von der Lehrkraft: Beim länderübergreifenden Fahndungs- und Sicherheitstag haben Polizeibeamtinnen und -beamte am Dienstag Personenkontrollen durchgeführt, aber auch ganz spezielle Unterrichtsstunden gehalten. So zum Beispiel vor einer 9. Klasse der Tulla-Realschule in Mannheim. Zwei Beamte – Spezialgebiet Prävention – klärten dort über Waffenrecht, Waffenarten und Straftaten auf.  

Polizist in Mannheimer Schule präsentiert Waffen aus einer Kiste

Ein Klassenraum in der Tulla-Realschule am Rand der Mannheimer Innenstadt, Dienstagmorgen gegen 10 Uhr: Die Blicke der 15 bis 16 Jahre alten Schülerinnen und Schüler konzentrieren sich auf die Beamten, die Powerpoint-Präsentation und natürlich auf all das, was ein Polizist am Lehrerpult nach und nach aus einer Kiste herausholt - nämlich Waffen. Oder Gegenstände, die man als Waffe benutzen kann.

Die Polizisten stellen Fragen an die Schülerinnen und Schüler: Was regelt das Waffengesetz? Was ist alles eine Waffe? Was ist strafbar? Nach und nach taut die Klasse auf, hier und da heben sich Finger. Einige scheinen schon ganz gut über Waffen Bescheid zu wissen und können sich vorstellen, warum das Mitführen von Einhandmessern oder Springmessern verboten ist. Ein Schüler sagt: "So ein Messer kann man schnell aus der Hosentasche ziehen und damit dem Gegner Angst machen." Für seinen Wortbeitrag bekommt er von einem Polizisten ein Päckchen Traubenzucker als Belohnung zugeworfen. Seine Klassenkameraden grinsen.

Teleskopschlagstock, Baseballschläger, Taser aus echten Polizeieinsätzen

Der Beamte mit der Waffenkiste zeigt nacheinander einen Teleskopschlagstock, einen Baseballschläger und einen Taser (Elektroschocker). Zu jeder Waffe hat er die passende reale Einsatzgeschichte parat. Auch zu einem roten Wildleder-Damenschuh mit Absatz. Diesen Schuh, so der Polizist, habe tatsächlich mal eine Jugendliche als Waffe gegen ein anderes Mädchen benutzt, das gerade dabei war, mit ihrem Freund "herumzuknutschen". Gelächter in der Klasse.

Sicherheitstag der Polizei Mannheim an der Tulla- Realschule

Kurios: Auch ein Schuh kann eine Waffe sein.

Das Mitführen eines Messers kann hart bestraft werden

Am Ende geht es den Polizisten darum, den Schülerinnen und Schülern klar zu machen, welche üblen Konsequenzen es haben kann, zum Beispiel ein Messer dabei zu haben. Ein Polizist erzählt von einem Fall, bei dem ein Schüler in einem Supermarkt Waren geklaut und diese in seinem Rucksack verstaute. Als er erwischt und in seinem Rucksack auch ein kleines Taschenmesser entdeckt wurde, habe das die Strafe gegen ihn sofort erhöht, so der Polizist. Denn jetzt war es nicht nur schlichter Diebstahl, sondern eben "Diebstahl mit einer Waffe". Anderes Beispiel: Ein 18-Jähriger, der mit einem Messer in der Hand versucht, das Handy seines Kontrahenten zu stehlen, muss mit mindestens fünf Jahren Haft rechnen. Diese Straftat nennt man "schweren Raub mit Messer". Die Klasse ist still, einige schauen sich verwundert an, die Information ist für viele neu.

Wie groß ist das Problem mit Messerangriffen in BW?
Nach Informationen des baden-württembergischen Innenministeriums haben Messerangriffe im öffentlichen Raum im vergangenen Jahr (2024) leicht um 3,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zugenommen - auf rund 1.300 Fälle. Etwa 40 Prozent dieser Taten seien Bedrohungen, ein Drittel gefährliche Körperverletzungen, 20 Prozent Raubdelikte und bei fünf Prozent ging es um Mord und Totschlag. Etwas über 75 Prozent der Messerangriffe konnte die Polizei demnach aufklären (bei Mord und Totschlag sind es laut Ministerium über 95 Prozent). Während die Anzahl der deutschen Tatverdächtigen "das dritte Jahr in Folge bei etwa 590 Tatverdächtigen stagniert, sind die nichtdeutschen Tatverdächtigen um rund 14 Prozent auf fast 650 Tatverdächtige angestiegen". Der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger habe im Jahr 2024 über 52 Prozent betragen. Bei knapp 40 Prozent der Tatverdächtigen von Messerangriffen im öffentlichen Raum handle es sich um Tatverdächtige unter 21 Jahren. (Quelle: Schriftliche Antwort des Innenministeriums BW auf eine SWR-Anfrage am 13. Mai 2025) Zur Interpretation von Kriminalstatistiken Ausländer sind in der Kriminalstatistik gegenüber ihrem Bevölkerungsanteil überrepräsentiert. Das führt häufig zu der Annahme, Migration gefährde die Sicherheit. Die Gründe für die Überrepräsentation sind aber komplexer, sagen Experten. Zum Beispiel können ausländische Tatverdächtige in der Polizeilichen Kriminalstatistik auch Touristen oder Durchreisende sein. Das ifo-Institut hat die Polizeilichen Kriminalstatistiken von 2018 bis 2023 ausgewertet und festgestellt: "Wir finden keinen Zusammenhang zwischen einem steigenden Ausländeranteil in einem Kreis und der lokalen Kriminalitätsrate. Gleiches gilt im Speziellen für Schutzsuchende."

Rat der Polizei: Im Ernstfall Hilfe holen

Zum Schluss steht die Frage im Raum: Was tun, wenn jemand mit einem Messer rumfuchtelt und die Lage brenzlig wird? Die Polizisten machen den Schülerinnen und Schülern klar: Der Person mit dem Messer bloß nicht zu nahe kommen, am besten weglaufen, Hilfe holen, die Polizei alarmieren. Dazu: Richtig verstandene Zivilcourage, indem man zum Beispiel als Zeuge das Opfer anspricht und zu verstehen gibt: "Du bist nicht allein, Hilfe kommt."

Eine Polizistin und ein Polizist kontrollieren in Heidelberg einen jungen Mann in der Nähe des Hauptbahnhofs

Eine Polizistin und ein Polizist kontrollieren am Dienstag in Heidelberg einen jungen Mann in der Nähe des Hauptbahnhofs

Polizei kontrolliert Personen in Heidelberger Kurfürstenanlage

Schwerpunkt der diesjährigen Ausgabe des Sicherheitstags war laut dem baden-württembergischen Innenministerium die Sicherheit im öffentlichen Raum. Dazu gehörten neben Besuchen in der Schule zum Thema Prävention auch Kontrollen. Eine davon führte die Polizei am Dienstagnachmittag zum Beispiel in Heidelberg durch. Einer der Einsatzorte: Die Kurfürstenanlage. Etwa ein halbes Dutzend Beamtinnen und Beamte kontrollierten dort am Dienstag mehrere Personen, die sich unter einem Baum auf einer Grünfläche in Sichtweite des Hauptbahnhofs aufhielten.

Polizeisprecher Philipp Kiefner erklärte dem SWR, es gehe unter anderem darum, "verbotene Gegenstände" bei diesen Personen sicherzustellen, wie zum Beispiel Drogen oder Waffen. In diesem Fall fanden die Beamten nichts, der kontrollierte Mann trottete danach Richtung Hauptbahnhof davon. An den Wochenenden gilt in der Kurfürstenanlage eine Waffenverbotszone (laut Stadt jeweils freitags von 20 Uhr bis samstags 6 Uhr, samstags von 20 Uhr bis sonntags 6 Uhr sowie an Tagen vor gesetzlichen Feiertagen von 20 bis 6 Uhr des folgenden Tages).

Auf der Kurfürstenanlage finden laut Kiefner regelmäßig Polizeikontrollen statt, denn es gebe hier immer wieder Fälle von Diebstahl, Verstößen gegen das Waffengesetz, Körperverletzung oder Beleidigung. "Die Sicherheit im öffentlichen Raum ist ein wichtiger Aspekt für uns und für das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger sowie der Touristen", so Kiefner.

Sendung am Di., 13.5.2025 15:30 Uhr, SWR4 BW Studio Mannheim - Regionalnachrichten

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