Ein Schild mit der Aufschrift SAP steht auf einem Gebäude der Unternehmenszentrale.

Baden-Württemberg Meinung: SAP entwickelt sich vom Trendsetter zum Rückständler

Stand: 13.05.2025 11:00 Uhr

Der Softwarekonzern SAP schafft die Frauenquote ab - beugt sich also dem Druck von US-Präsident Donald Trump. Diese Nachricht hat selbst SAP-Mitarbeitende überrascht.

Von Sina Rosenkranz, Jutta Kaiser

SAP streicht die Frauenquote. Noch vor einem Jahr hätte ich gedacht: Das muss eine Falschmeldung sein, sicher kommt von SAP gleich die Korrektur.

Aber nein, es ist keine Falschmeldung - und es kommt auch keine Korrektur. Es ist die Ansage vom Vorstandschef eines Konzerns, der bei der Frage, wie wir in Zukunft arbeiten, immer ganz weit vorn war.

SAP war lange Vorbild für andere und Trendsetter

Vertrauensarbeitszeit, Firmen-Kita, kostenloses Kantinenessen, Fitnessstudio und Tennisplätze auf den Firmencampus, Diversität und New Work, der erste Dax-Konzern mit einer Frau an der Vorstandsspitze - zugegeben: Es war ein kurzes Intermezzo, aber immerhin. Ein Konzern, der Vorbild und Trendsetter war für viele andere Unternehmen - der die Höhe der Vorstandsvergütung an Mitarbeiterzufriedenheit und Frauenquote gekoppelt hat.

Vermutlich nicht nur aus ideologischen, sondern auch aus betriebswirtschaftlichen Gründen - schließlich sind diverse Teams innovativer, kreativer und produktiver, wie viele Studien belegen. Dass SAP als börsennotierter Konzern alles tun muss, was dem Aktienkurs nützt - oder andersrum: alles verhindern muss, was den Geschäften schaden könnte - liegt in der Natur der Sache.

Sina Rosenkranz

Sina Rosenkranz, SWR-Wirtschaftsredaktion.

USA sind ein wichtiger Markt für SAP

Die USA sind für SAP ein extrem wichtiger Markt. Viele US-Behörden laufen mit SAP-Software, die US-Armee ist ein wichtiger Kunde der Software aus Walldorf.

Es ist auch nachvollziehbar, dass sich SAP in jedem Land an die jeweiligen Vorgaben halten muss, auch wenn sie nicht den eigenen Vorstellungen entsprechen. Und dass SAP als vergleichsweise kleines Licht im harten US-Wettbewerb mit Konzernen wie Google oder Microsoft keine Trump-Revolte anzetteln kann, ist ebenso klar.

Aber die jetzt getroffene Entscheidung schießt meiner Meinung nach weit über das Ziel hinaus - sie ist weitreichend und sie entspricht dem Trump-freundlichen Kurs, den SAP-Chef Christian Klein in Interviews zuletzt vorgezeichnet hat.

Die Frauenquote in der Belegschaft - weltweit gestrichen. Die Kenngröße "Frauen in leitenden Führungspositionen" als Faktor für die Vorstandsvergütung - abgeschafft. Die eigens eingerichtete Diversitäts- und Inklusions-Anlaufstelle - mit einem anderen Bereich zusammengeworfen. Dazu die dünne offizielle Erklärung, SAP wolle bestehende Diversitätsprogramme weiter aufrechterhalten.

SAP wirft eigene Werte über Bord

Es bleiben eine Menge Fragen: Etwa, warum SAP die Frauenquote weltweit streicht - anstatt sie nur für Niederlassungen in den USA zu kippen. Oder: Warum der Konzern nicht deutlich durchblicken lässt, dass hier zwar Regeln eingehalten, aber nicht unbedingt für richtig befunden werden. Kommunikativ sicherlich eine Gratwanderung - aber durchaus möglich.

Auch die Investoren hätte man mit ins Boot holen können - bei Apple haben sich die Aktionäre für die Beibehaltung von Diversitätsprogrammen ausgesprochen.

Es ist enttäuschend, wie schnell eigene Unternehmenswerte über den Haufen geworfen werden, wenn wirtschaftlicher Druck drohen könnte. Und es schadet der Glaubwürdigkeit.

Profit und Aktienkurs über allem? Wo zieht der Konzern künftig die Grenze? Der von Trump eingeschlagene Weg ist nicht nur ökonomisch fragwürdig, er ist rückwärtsgewandt und er ist gefährlich. Und ich finde: Er passt auch nicht zu SAP.

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