Vereinzelte Gebäude werden in der Stuttgarter Innenstadt durch ein Wolkenloch von der Sonne angestrahlt.

Baden-Württemberg Immer teurere Mieten: Mit diesen Tricks erhöhen Vermieter die Wohnungspreise

Stand: 10.05.2025 17:20 Uhr

Wohnungen mit Mängeln, nur teilweise renoviert, teilmöbliert vermieten - mit Tricks versuchen Vermieter die Mietpreisbremse zu umgehen. Das zeigt eine Recherche vom SWR.

Von Natalie Meyer, Caroline Häfele

In 89 Kommunen und Städten in Baden-Württemberg gilt eine Mietpreisbremse. Bezahlbarer Wohnraum ist dort besonders schwierig zu finden. 2015 hatte die Bundesregierung die Mietpreisbremse eingeführt. Sie soll dafür sorgen, dass Vermieter bei angespannten Wohnungsmärkten nicht mehr als zehn Prozent von der ortsüblichen Miete abweichen dürfen, wenn sie die Wohnung einem neuen Mieter vermieten. Es gibt jedoch Ausnahmen von der Mietpreisbremse - zum Beispiel gilt sie nicht bei der Erstvermietung von Neubauten oder nach umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen.

Immer wieder versuchen Vermieter, die Mietpreisbremse zu umgehen - das zeigen auch verschiedene Fälle im Landkreis Konstanz. Hier war ein Reporter-Team des SWR mit versteckter Kamera unterwegs.

Vermieter im Landkreis Konstanz ignorieren die Mietpreisbremse

Ein Angebot: Eine etwa 60-Quadratmeter-Wohnung, möbliert und auf Zeit für über 1.300 Euro zu vermieten. Dieser Preis liegt deutlich über der ortsüblichen Miete. Und der Eindruck bei der Besichtigung vor Ort: Die Möbel in der Wohnung machen einen abgenutzten Eindruck. Auf Nachfrage zur Mietpreisbremse gibt sich der Vermieter ahnungslos. Die gäbe es nur in Berlin und anderen großen Ballungsräumen, nicht in Baden-Württemberg. Das ist jedoch nicht richtig. Eine Mietpreisbremse gilt auch in Teilen Baden-Württembergs.

Wir zeigen Winfried Kropp vom Deutschen Mieterbund Bodensee unsere Aufnahmen. Er bestätigt: "Wir haben keine umfassende Modernisierung im Sinne der Mietpreisbremse. Nach den Bildern, die wir gesehen haben, stellen wir fest: Es wird renoviert, aber umfassende Modernisierung ist sicherlich nicht gegeben." Wohnungen werden mit billigen Möbeln ausgestattet. So können sie teurer vermietet werden - nur einer von vielen Tricks, um mehr Miete zu verlangen.

Die komplette Sendung zum Thema "Mieten am Limit - wer kann sich Wohnen noch leisten?" ist hier zu sehen:

Inhalt auf SWR.de ansehen

Ein weiterer: Teilsanierungen. Die nächste Wohnung, die wir uns anschauen, hat 80 Quadratmeter und kostet 1.150 Euro Kaltmiete. Ein Haus aus den Fünfzigerjahren, feuchte Wände, bislang keine Fußböden, die Küche noch im Rohbau. Alles soll noch saniert werden, bevor wir einziehen könnten. Auch hier hat niemand etwas von der Mietpreisbremse gehört. Mietexperte Winfried Kropp zweifelt jedoch daran, dass hier umfassend modernisiert wird und wurde. Denn nur dann würde die Mietpreisbremse nicht greifen. Es handle sich daher möglicherweise um einen Trick, die Wohnung trotz Sanierungsbedarf teuer zu vermieten.

Schimmel in Mietwohnungen sorgt regelmäßig für Streit

Eine weitere Wohnung sieht auf den ersten Blick neuwertig aus, dann entdecken wir jedoch Schimmel an den Bodenleisten. Die Vermieterin behauptet, den werde man mit Lüften und Putzmittel schon wegkriegen. Dazu der Mietexperte Kropp: "Schimmel ist ein Wohnungsmangel, der regelmäßig für Streit sorgt. Hier wird häufig von Eigentümerseite behauptet, die Mieter sind schuld." Das Haus selbst ist laut Vermieterin aus den Siebzigerjahren. Daher besteht laut Kropp auch hier der Verdacht, dass die Mietpreisbremse umgangen wird. Denn Bad und Fassade wurden augenscheinlich nicht renoviert.

Fazit: Drei von vier Vermietern, deren Wohnungen wir im Landkreis Konstanz besichtigt haben, umgehen wohl die Mietpreisbremse nach Einschätzung des Mieterbunds Bodensee. Ein Vermieter rät nach der Besichtigung sogar davon ab, überhaupt nach der Mietpreisbremse zu fragen. Dann sei man "sofort raus".

Nicht alle Vermieter ignorieren die Mietpreisbremse, vielerorts hat sie auch dazu geführt, dass die Mieten nicht ins Unermessliche steigen. In Baden-Württemberg läuft die Mietpreisbremse eigentlich Ende Juni aus. Doch Baden-Württembergs Wohnungsministerin Nicole Razavi (CDU) hat angekündigt, die Mietpreisbremse zunächst bis zum Jahresende zu verlängern.

Experte: Zu viele Lücken bei der Mietpreisbremse

Winfried Kropp vom Mieterbund Bodensee kritisiert die lückenhafte Gesetzgebung der Mietpreisbremse. Zu oft werde diese von Vermietern nicht beachtet, wie auch die Recherche von "Zur Sache! Baden-Württemberg" gezeigt hat.

Wir brauchen da wirklich mehr Recht und Ordnung auf dem Wohnungsmarkt. Das bedeutet, die Voraussetzungen müssen geschaffen werden, dass Rechtsverstöße auch sanktioniert werden. Winfried Kropp, Mieterbund Bodensee

Auch Landesbauministerin Razavi sagte im Gespräch mit Winfried Kropp bei "Zur Sache! Baden-Württemberg", dass die Mietpreisbremse das eigentliche Problem nicht lösen könne. "Das Problem ist, dass der Bedarf im Verhältnis zum Angebot deutlich höher ist, beziehungsweise das Angebot zu gering. Wir lösen das Problem nur mit mehr Wohnungen und mit einem größeren Angebot." Sie hoffe dennoch darauf, dass die neue Bundesregierung die Mietpreisbremse, wie im Koalitionsvertrag versprochen, um vier Jahre verlängert.

Sendung am Do., 8.5.2025 20:15 Uhr, Zur Sache Baden-Württemberg!

Mehr zur Wohnungsnot in BW

Mehr von "Zur Sache! Baden-Württemberg"